Wie wäre es, ein einfaches Mittel gegen Übergewicht zu haben? Das auch das Risiko der Volkskrankheit Diabetes unkompliziert senkt? Das Enzym Alpha-Amylase hilft uns bei der Verdauung von Stärke. Neue Forschung zeigt: Das Enzym könnte ein Schlüssel für bessere Stoffwechsel-Gesundheit sein.
In diesem Artikel erfährst du, warum nicht alle Menschen gleich gut mit größeren Mengen Kohlenhydraten umgehen. Was das für Folgen für die Gesundheit hat. Und, wie Alpha-Amylase in Sprossen deine Verarbeitung von Stärke und damit deinen Stoffwechsel beeinflussen könnte.
Inhaltsverzeichnis
- Die zentrale Funktion: Aus Stärke macht Alpha-Amylase Maltose
- Wo kommt das Alpha-Amylase-Enzym vor?
- Die Amylase-Evolution unterstreicht veränderte Ernährungsbedingungen
- Alpha-Amylase-Gen eines der ersten mit Belegen für positive Selektion
- Was genau tut die Speichelamylase, das uns einen solchen Vorteil verschafft?
- Stärkeverdau im Mund signalisiert Körper: Es geht los mit der Verdauung
- Zusammenhang von Speichel-Amylase, Stärkeverzehr und Krankheitsrisiko
- Wie kannst du das Amylase-Wissen für Wohlbefinden und Gesundheit nutzen?
- Enzymaktivität der Alpha-Amylase durch Keimung 100-mal höher
- Großes Potenzial: Ersetze Getreide mit gekeimtem Getreide
- Quellen
Die zentrale Funktion: Aus Stärke macht Alpha-Amylase Maltose
Der Körper bildet Alpha-Amylase-Enzyme primär an zwei Orten: in den Speicheldrüsen im Mund und in der Bauchspeicheldrüse. Dafür nutzt er die Gene AMY1 (Speichel) und AMY2 (Bauchspeicheldrüse) (1). In diesem Beitrag geht es primär um die Speichel-Amylase, auch Ptyalin oder α-Amylase-1 genannt.
„-asen“ im Mund schneiden
Die α-Amylasen sind die am häufigsten vorkommenden Enzyme im Speichel des Menschen (2). Dort liegen sie zusammen mit anderen Enzymen wie Lipasen und Proteasen vor. Alle drei Enzymarten spalten Nahrungsbestandteile auf und helfen so bei der Verdauung. Die Endung „-ase“ steht chemisch für ein Enzym, das etwas schneidet:
- die Lipase schneidet Lipide (Fette)
- die Protease Proteine (Eiweiße)
- und die Amylase Amylose (Stärke)
Speichel-Alpha-Amylase bedeutet: Beginn der Kohlenhydratverdauung im Mund
Das Enzym Alpha-Amylase spaltet das Speicher-Kohlenhydrat Stärke in seine Bestandteile. Es macht Stärke für den Organismus verwertbar. Dieser Prozess beginnt bereits im Mund - er ist sinnbildlich für den Start des Verdauungsvorgangs.
So verarbeitet Alpha-Amylase Stärke: Sie schneidet den Glukose-Teppich in Fetzen
Stärke besteht aus tausenden Molekülen Glukose. Sie ist wie ein aus Glukose-Molekülen gewebter Teppich. Die Glukose-Moleküle halten zusammen, weil Glykosidbindungen sie festzurren. Der Job der Amylase ist es, diese Verbindungen zu spalten.
Amylase trennt diesen Teppich aus Glukose auf, in viel kleinere Teilstücke. Das Resultat ist Maltose, ein Zweifachzucker, der süß schmeckt und aus zwei Molekülen Glukose besteht (3). Die Maltase vereinzelt die Maltose im weiteren Verlauf der Verdauung in zwei Glukose-Moleküle. Glukose, die der Organismus direkt für Energie nutzt.
Durch die Alpha-Amylase-Funktion wird Stärke beim Kauen süß
Beim Kauen produzieren wir Speichel mit Alpha-Amylase, der für die Vorverdauung im Mund sorgt. Daher werden stärkehaltige Lebensmittel im Mund süß, wenn wir sie lange genug kauen. Denn wenn die Alpha-Amylase beginnt, die Stärke-Verbindungen zu lösen, schmeckst du die Süße der resultierenden Maltose.
Wo kommt das Alpha-Amylase-Enzym vor?
Früchte nutzen Amylase, um süßer zu werden. Durch die Reife wandeln sie Stärke mithilfe des Enzyms in süße Verbindungen um. Damit machen sich die Früchte attraktiver für Tiere wie uns (4). Evolutionär ist das vorteilhaft für die Frucht. Denn wir verbreiten die Samen der verspeisten Früchte auf natürliche Weise. Womit wir die Wahrscheinlichkeit für Nachwuchs und das Überleben ihrer Spezies erhöhen.
Die Amylase beliefert den Keimling mit Energie
Auch für Pflanzenkeimlinge sind Amylasen wichtig. Denn was haben Körner und Samen als Energiespeicher eingelagert? Richtig, Stärke. Und wie nutzt der Keimling die Energie der Stärke für sein Wachstum? Genau, durch die Aufspaltung der Stärke in Glukose-Moleküle. Das bedeutet, bei der Keimung ist Amylase zentral, um den jungen Keimling mit Energie zu beliefern (5).
Brauer nutzen die Amylase-Aktivität bei der Keimung von Gerste
Durch die Keimung macht Alpha-Amylase Getreide zu Bier. Bierbrauer nutzen dafür das Mälzen, den kontrollierten Keimvorgang vor dem Brauen. Die Amylase baut die Stärke der Gerstenkörner in kleinere Bausteine wie Maltose um. Brauer machen den Brau-Hefen so einfache Zucker zugänglich. Die Hefen nutzen diese Zuckerverbindungen als Substrat und wandeln sie bei der Fermentation in Alkohol und Kohlendioxid um.
Amylase als Reinigungskraft
Waschmittel für die Spülmaschine und Co. enthalten häufig Amylase. Dort hilft dir die Amylase dabei, stärkehaltige Speisereste zu entfernen und Kleidung und Besteck wieder sauber zu bekommen.
Viel wichtiger für unsere Gesundheit als die Amylase in Bier oder gegen Flecken, ist die Amylase in unserem Speichel. Deshalb analysieren Forscher Genvarianten der Amylase und ihr Vorkommen in Tieren. Damit machen sie sichtbar, wie Mensch und Tier auf veränderte Lebensgewohnheiten reagiert und sich angepasst haben. Das erlaubt uns im Anschluss Gedanken dazu, wie wir die heutige Ernährung gesünder gestalten.
Die Amylase-Evolution unterstreicht veränderte Ernährungsbedingungen
Auch die Vorfahren des modernen Menschen, die „Jäger und Sammler“, besaßen das Amylase-Gen. Im Unterschied zu früher besitzen viele moderne Menschen mehrere Kopien dieses Gens (6). Gleichbedeutend mit mehr Enzymen im Speichel und einer höheren Enzymaktivität. Aber von vorn. Was sind Genkopien und was hat das mit dem Amylase-Enzym zu tun?
Gene stellen Proteine wie das Enzym Amylase her
In der Regel kodiert ein Gen für ein bestimmtes Protein. So wie das Amylase-Gen AMY1 für das Enzym Amylase (Merke: Enzyme sind Proteine). Das Gen enthält den genauen Code – und damit den Bauplan. Es gibt viele Möglichkeiten, wie der Körper die Menge des durch das Gen hergestellten Proteins steuert. So gibt es ein eigenes Fachgebiet, die Epigenetik, die beschreibt, wie der Körper die Nutzung der vorhandenen Gene regelt (7).
Mehr Genkopien bedeuten mehr Amylase
Grundsätzlich gilt aber auch: Je mehr Gene es gibt, desto mehr Produkt in Form von Proteinen stellen diese Gene her. Diese Hypothese haben Forscher für AMY1, das Gen der Speichel-Amylase, getestet. Und sie konnten die Hypothese bestätigen. Sie fanden heraus, dass die Anzahl der Kopien des Gens mit der Menge des Amylase-Enzyms im Speichel zusammenhängt (8). Damit wissen wir: Besitzt eine Person mehr Kopien des AMY1-Gens, dann hat sie das Potenzial für mehr Alpha-Amylase im Speichel.
Menschen früher und heute haben unterschiedliche Anzahlen AMY1-Kopien
Hier kommen wir zu einer zentralen Erkenntnis: Moderne Menschen haben mehr Kopien des AMY1-Gens als unsere steinzeitlichen Vorfahren. In einer Nature-Publikation beschrieben die Autoren zudem: „Individuen aus Populationen mit stärkereicher Ernährung“ wiesen mehr Kopien des AMY1-Gens auf, als Menschen aus Kulturen mit stärkearmer Ernährung (9).
Alpha-Amylase-Gen eines der ersten mit Belegen für positive Selektion
Laut verschiedener Forschungsarbeiten besitzt der moderne Mensch zwischen 2 und 17 AMY1-Genkopien (10) (11). Besonders Menschen mit Vorfahren, die stärkereich aßen, zeigten eine hohe Anzahl von Kopien des Amylase-Gens. Laut Forschern deutet das auf eine gerichtete, sogenannte positive Selektion hin. Eine positive Selektion in Richtung einer höheren Menge Speichelamylase für die Stärkeverdauung (12).
Diese gerichtete Selektion zeigt: die Amylase muss sehr wichtig für uns sein
Die Erfindung des Ackerbaus hat unsere Ernährung entscheidend verändert. Forscher verstehen die Unterschiede zwischen unseren Vorfahren und uns als Anpassung an diese stark veränderten Ernährungsgewohnheiten. Die evolutionäre Anpassung der Amylase-Gene fand statt, weil sie uns zu gegebener Zeit einen Selektionsvorteil bescherte.
Den Großteil der Evolution des aufrecht gehenden Menschen aßen Jäger und Sammler das, was ihnen in die Quere kam. Früchte, Samen, Nüsse, Wildtiere und Wildgemüse waren an der Tagesordnung. Der Stärkeanteil dieser Ernährung war relativ gering (13). Mit der Sesshaftwerdung vor circa 15.000 Jahren änderten sich unsere Ernährungsgewohnheiten abrupt. Durch Ackerbau waren plötzlich große Mengen Stärke verfügbar.
Der Körper passte sich über 2 Millionen Jahre an eine Ernährung an, die nicht hauptsächlich aus Stärke bestand. Mit dem Ackerbau veränderte sich die Ernährung innerhalb von wenigen 1.000 Jahren stark. Die höhere Kopienzahl der Amylase-Gene bei heutigen Menschen lässt sich als Anpassung an diese gewaltige Veränderung unserer Lebensgewohnheiten erklären.
Co-Evolution der Alpha-Amylase bei Hunden
Ob Hunde Speichel-Amylase besitzen, ist umstritten (14). Sicher ist, sie besitzen Pankreas-Amylase. Und zwar so manche Kopie des Gens mehr als ihre nahen Verwandten, die Wölfe. Forscher glauben, diese Duplikationen des Pankreas-Amylase-Gens bei Hunden erklären, weshalb Hunde gut mit einer stärkereichen Ernährung leben, Wölfe aber nicht (15).
Ähnlich wie bei uns Menschen hat das Alpha-Amylase-Gen bei Hunden auf einen veränderten Lebensstil reagiert (16). Bei uns Menschen änderte sich der Lebensstil durch den Ackerbau. Für Hunde änderte sich das Nahrungsangebot zwar auch durch ihre Domestizierung. Erst die Verbreitung des Ackerbaus sorgte bei Hunden aber für die Veränderungen beim Amylase-Gen (17).
Was bedeutet das für unsere heutige Ernährung und Gesundheit?
Grundsätzlich ist klar, was das Enzym Amylase macht. Es hilft uns bei der Verdauung von Stärke. Wieso aber reicht die Pankreas-Amylase nicht aus? Weshalb haben Menschen, Hunde oder Mäuse (18) mehr Genkopien der Amylase oder explizit Speichel-Amylase entwickelt? Welchen evolutionär relevanten Vorteil brachte die Speichel-Amylase für uns mit?
Was genau tut die Speichelamylase, das uns einen solchen Vorteil verschafft?
Weil Alpha-Amylase so wichtig für uns ist, erhöhte unser Organismus die Kopienzahl. Forscher nehmen an, dass mehr Amylase-Enzym die Verdauung von stärkereichen Nahrungsmitteln verbesserte. Und damit merklich zu einer besseren Energieversorgung beitrug. Die bessere Verdauung soll auch das Risiko für Darmerkrankungen reduziert haben. Diese bedeuteten für die Menschen damals einen empfindlichen Überlebensnachteil (19).
Haben Menschen mit wenig Amylase und stärkereicher Ernährung ein Problem?
Früher passte die Anzahl der Gene und die Aktivität des Amylase-Enzyms besser zur Ernährung. Heute essen die Menschen viel Stärke, unabhängig davon, ob sie wenige oder viele Kopien des AMY1-Gens haben. Unabhängig davon, ob sie viel oder wenig Speichel-Amylase herstellen. Für Menschen mit niedriger Speichel-Amylase könnte viel Stärke in der Ernährung ein Risikofaktor für einen gestörten Stoffwechsel sein (20). Um das zu ergründen, suchen Forscher nach Hinweisen, dass die Amylase-Aktivität in unseren modernen Gesellschaften mit Krankheiten zusammenhängt.
Kurze Einwirkzeit: Spielt der Kontakt im Mund überhaupt eine Rolle?
Speichel-Amylase hat wenig Zeit, mit unserer Nahrung zu arbeiten. Sobald wir den Nahrungsbrei schlucken, kommt das Amylase-Enzym mit Magensaft in Berührung und ist extrem niedrigen pH-Werten ausgesetzt. Säure ist Enzym- und damit Alpha-Amylase-Inhibitor. Damit endet seine Aktivität. Ein kleiner Teil der Speichel-Amylase bleibt aber von der Säure im Magen verschont (21) (22). Forscher gehen aber davon aus, dass den Großteil der Stärke die Pankreas-Amylase im Zwölffingerdarm verdaut (23).
Alpha-Amylase-Stärkeabbau macht Nahrung löslicher
Allein durch das, was sie in kurzer Zeit im Mund verrichtet, hat die Speichel-Amylase einzigartigen Einfluss auf die Verdauung. Innerhalb weniger Sekunden baut sie einen merklichen Anteil der Stärke im Mund in kleinere Zucker-Moleküle um. Dabei wird die Stärke, die relativ wasserunlöslich ist, halbflüssig und wasserlöslicher (24) (25). Das beeinflusst die Stärkeverdauung später.
Stärkeverdau im Mund signalisiert Körper: Es geht los mit der Verdauung
Damit sich der Körper schon dann auf Kohlenhydrate vorbereiten kann, sobald nur etwas Stärke die Lippen streichelt, muss er sie auch erkennen (26). Das ist die Voraussetzung für eine Reaktion des Körpers auf den Stärkeabbau. Wie das abläuft, ist noch spekulativ. Was klar ist: Stärke hat keinen eindeutigen Geschmack für uns Menschen. Aber: Die ersten Abbauprodukte der Stärke, welche die Alpha-Amylase liefert, entdecken wir geschmacklich (27).
So zeigen Versuche, dass unsere Geschmackssensoren zwischen Maltose und Glukose oder Fruktose unterscheiden (28) (29). Wir Menschen haben Sensoren, um die Abbauprodukte von Stärke im Mund zu erkennen (30). Die Alpha-Amylase ermöglicht es dem Mund also, anderen Bereichen im Körper zu signalisieren: Schaut her, jetzt kommt gleich Stärke.
Der Körper bereitet sich auf eintreffende Glukose vor
Dabei reagieren wir nicht nur mit einem „hmmm, das schmeckt gut“. Durch diese Signale über die Geschmackssensoren bereitet sich der Körper auf die Verdauung und die Aufnahme der Nährstoffe vor. Er schüttet zum Beispiel verstärkt Speichel, Magensäure oder Bauchspeicheldrüsensekret aus (31) (32).
Vorbereitung im Mund oder nicht: macht es einen Unterschied für den Stoffwechsel?
Normalerweise produziert die Bauchspeicheldrüse Insulin, wenn sie direkt mit Glukose in Berührung kommt. Daten zeigen aber, dass sensorische Reize aus dem Mundraum bereits zu einer ersten Insulinfreisetzung führen (33). Diese Menge Insulin ist zwar gering im Vergleich zur Gesamt-Insulinabgabe. Sie nimmt dennoch merklichen Einfluss darauf, wie schnell und wie viel Glukose bei der Verdauung ins Blut gerät (34). Und diese Parameter sind entscheidend an der Entstehung von Zivilisationserkrankungen beteiligt.
Zusammenhang von Speichel-Amylase, Stärkeverzehr und Krankheitsrisiko
Es scheint klar, dass die Speichel-Amylase beeinflusst, wie der Körper mit Stärke und Glukose umgeht. Mit der Hoffnung im Hinterkopf, neue Erkenntnisse für unsere Gesundheit zu erlangen, stellen wir uns daraufhin die Frage: Welche Wirkung hat das auf das Risiko für Krankheiten? Wie wirkt sich mehr oder weniger Alpha-Amylase auf das Risiko für Fettleibigkeit, Bluthochdruck und Diabetes Typ 2 aus?
Eine logische Hypothese wäre: Menschen, die heute weniger AMY1-Kopien besitzen, aber viel Stärke essen, kommen nicht gut klar. Konträr dazu vertragen Menschen mit vielen AMY1-Kopien die moderne, stärkereiche Kost besser. Was sagt die Forschung?
Mehr Speichel-Amylase mit weniger Fettleibigkeit assoziiert?
Einige Studien zeigen: Menschen mit mehr Amylase-Genkopien haben einen niedrigeren Body-Mass-Index und ein geringeres Risiko für Fettleibigkeit (35) (36) (37) (38).
Das passt zur gerade aufgestellten Hypothese. Denn weniger Glukose- und Insulin-Schwankungen im Blut sind wichtig für die Vorbeugung von Krankheiten, die mit dem Lebensstil zusammenhängen (39). Die Hypothese ist damit aber nicht validiert. Denn einige unabhängige Forschungsarbeiten fanden keinen negativen Zusammenhang zwischen Amylase-Genkopien und Fettleibigkeit oder BMI (40) (41) (42).
Warum fallen die Ergebnisse so unterschiedlich aus?
Ein Grund für diese Diskrepanz sind unterschiedliche Methoden bei der Feststellung der Anzahl der Kopien des Amylase-Gens. Denn unterschiedliche Methoden führen zu verschiedenen Ergebnissen. Ein weiterer Faktor, der die Verbindung von Amylase-Kopienzahl und Fettleibigkeit verschleiert, ist das, was dazwischen liegt: Alle Faktoren in unserem Leben, die vom Gen bis zum tatsächlichen Übergewicht wirken.
Daher gehen Forscher davon aus, dass es vermutlich eine Verbindung zwischen Risiko und Amylase-Genanzahl gibt. Wie stark und nutzbar diese ist, bleibt abzuwarten, bis mehr Daten verfügbar sind. Für definitive Aussagen ist es zu früh.
Wie kannst du das Amylase-Wissen für Wohlbefinden und Gesundheit nutzen?
Die Speichel-Amylase ist eine Stoffwechsel-Kontrolleurin. Sie beeinflusst, wie wir Stärke im Mund wahrnehmen. Wann und wie viel Insulin wir ausschütten. Und wie schnell und stark der Glukosespiegel nach der Mahlzeit im Blut ansteigt. Die Rolle der Amylase ist so wichtig für uns, dass wir heute mehr Kopien des Amylase-Gens haben. Es ist einer der ersten belegten Fälle von positiver Selektion in der Evolution des Menschen.
Die Herausforderung: Aufgrund verschiedener Ernährungsgewohnheiten unserer Vorfahren gibt es Variation bei der Anzahl der Amylase-Genkopien. Manche Menschen heute haben viele Amylase-Genkopien, manche wenige. Erstere sind besser an die Verdauung von Stärke angepasst, Letztere weniger. Daher stellen Forscher die Hypothese auf, dass Menschen mit wenig Speichel-Amylase, aber viel Stärke in der Ernährung, ein höheres Risiko für Stoffwechselerkrankungen haben.
Anwendung in der personalisierten Ernährung
Heute ist unser Wissen unvollständig und daher schwer in die Praxis zu integrieren. Im Rahmen einer personalisierten Ernährung, die mittelfristig zum Status quo werden wird, ist das aber denkbar (43). In diesem Szenario gibt es die Möglichkeit, dass du die Kopienzahl der Amylase-Gene mithilfe moderner Technik feststellst. Das Ergebnis gibt wichtige Hinweise darauf, wie viel Stärke eine für dich gesunde Ernährung enthält.
Verdauung der Stärke im Mund durch Sprossen mit aktiver Alpha-Amylase
Über die Zufuhr einer Extraportion Alpha-Amylase aus Sprossen kannst du schon heute etwas für eine effizientere Verarbeitung von Stärke tun. Für die Mobilisierung der Energie aus der Speicher-Stärke kommt die Alpha-Amylase in Keimlingen so richtig in Fahrt.
Enzymaktivität der Alpha-Amylase durch Keimung 100-mal höher
Das belegen Labormessungen von AHO, die zeigen: die Alpha-Amylase-Enzymaktivität in Urdinkelsprossen ist 100-mal höher als im Urdinkelkorn.
Labormessungen sind eine wichtige Brücke von der Theorie in die Praxis. Erst mit diesen gezielten Tests bekommst du den Beleg, dass das Korn oder das Produkt tatsächlich die Eigenschaften mitbringt, die du erwartest.
Denn auf dem Weg zum Lebensmittel kann viel passieren. Wichtig für die Unversehrtheit der Enzyme ist eine schonende Verarbeitung. Bei der Herstellung in Rohkostqualität achten Hersteller darauf, Lebensmittel nicht auf über 40 °C zu erhitzen. Dann verlieren Enzyme durch übermäßige Hitzeeinwirkung nicht ihre Form und sind weiter aktiv.
Auch die Dauer des Kernprozesses entscheidet über die Enzymaktivität. Denn gekeimt ist nicht gleich gekeimt. Der Laborbericht bestätigt, dass die AHO-Methode mit 60 Stunden Keimung des Urgetreides zu einer 100-fachen Erhöhung der Alpha-Amylase-Enzymaktivität führt. Um sicher zu sein, dass die Aktivität der Amylase-Enzyme wirklich erhöht ist, achte auf unabhängige Laboranalysen zur Amylase-Aktivität.
Großes Potenzial: Ersetze Getreide mit gekeimtem Getreide
100-mal mehr Amylase-Aktivität? Das ist eine massive Steigerung. Die zeigt: Im Korn versorgt die Amylase den Keimling. In der Praxis hast du mit solchen Lebensmitteln die Möglichkeit, die Reaktion deines Körpers auf die enthaltene Stärke zu verbessern. Dafür gibst du beispielsweise einige Urdinkelsprossen zu einer stärkehaltigen Mahlzeit.
Aber, warum nur “einige” Sprossen hinzugeben, wenn die ganze Mahlzeit gekeimt sein kann? Wir bei AHO haben Produkte entwickelt, die zu 100 % aus gekeimten Körnern hergestellt werden. So wie Cracker, Brot oder Mehl, die du nutzen kannst, um herkömmliche, ungekeimte Lebensmittel zu ersetzen. Nutze diese Vielfalt, um die Amylase-Aktivität bei deinen Mahlzeiten zu optimieren.
Quellen
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